Das neue Tierheim ist bald bezugsbereit

Interview mit Béatrice Kirn

Der Neubau des Tierheims des Vereins Tierschutz beider Basel (TbB) nähert sich seiner Vollendung. Nach Ostern 2018 erfolgt dann der Umzug aller Tiere vom Übergangsstandort in Münchenstein an die Birsfelderstrasse 45 in Basel, wo während 40 Jahren bereits das alte Tierheim des TbB beheimatet war. Ende 2017 wird das Tierheim in eine Stiftung überführt.

 Der TbB fungiert mit seinem Tierheim als Tierfundbüro und Kantonale Meldestelle für Fundtiere der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft und unterhält einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst. Er ist Ansprechpartner für Tierhalter, seine Mitglieder und die Öffentlichkeit in allen Fragen rund um das Thema Tier, aber auch für Behörden, die sich auf die Kompetenz und das Know-how des TbB stützen können. So bildet der TbB Polizeiaspiranten im Tierbereich aus, arbeitet mit den Tierärzten und mit den Veterinärämtern auch im Bereich Nutztiere zusammen, unterhält eine offizielle Beratungs- und Meldestelle bezüglich Fragen des Tierschutzes, der Tierhaltung und des sachgemässen, korrekten Umgangs mit Tieren.

Ein wichtiger Faktor in den Tätigkeiten des Tierheims sind die Dienstleistungsangebote des TbB, welche massgeblich zur Deckung der laufenden Betriebskosten dienen. Weiter führt der TbB die überbetrieblichen Kurse für angehende TierpflegerInnen durch, unterhält seit 1995 den «PetKids-Club», dem Jugendtierschutz-Club des TbB, und bietet für Kinder und Jugendliche Erlebnis-Nachmittage zu verschiedenen Themen an. Die Kinder und Jugendlichen haben dabei die Möglichkeit, sich aktiv bei den Arbeiten mit den Tieren und für sie zu beteiligen. Mit seinen Kindergeburtstagen im Tierheim bietet der TbB zudem spannende Erlebnisse mit Tieren, Spiel und Spass an.

Die Baukosten für das Tierheim waren mit CHF 12.15 Mio. budgetiert. Die Finanzierung des Neubaus setzt sich aus Beiträgen verschiedener Quellen zusammen. Zahlreiche Privatpersonen, Firmen und Stiftungen unterstützen das Projekt. Die Lotteriefonds der beiden Halbkantone Basel-Stadt und Baselland sprächen je CHF 500 000 an den Neubau. Eine liechtensteinische gemeinnützige Stiftung gewährte ein Darlehen in Millionenhöhe. Mit der Basler Kantonalbank und der Basellandschaftlichen Kantonalbank konnte ein Baukredit von CHF 6 Mio. vereinbart werden. Die Parlamente der beiden Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sprachen sich für eine Kreditsicherungsgarantie aus, welche im Notfall die Zahlung der Zinsen und die Amortisation des Bankenkredits sichern sollte.

Nach umfangreichen baulichen Planungen konnte das Projekt «Neues Tierheim» mit dem Spatenstich am 18. September 2015 konkret gestartet werden. Auf dem 2400 m2 grossen Grundstück des Kantons Basel-Stadt, das vom TbB im Baurecht genutzt wird, entstand ein markantes Gebäude, dessen unregelmässige, flache Form den bau- und tierschutzrechtlichen sowie organisatorischen Voraussetzungen für das Tierheim entsprechen konnten.

Das neue Tierheim an der Birsfelderstrasse, in dem auf 28 Vollstellen verteilt 33 Mitarbeitende tätig sind, bietet rund 380 Tieren Platz, verfügt über eine Quarantänestation sowie Räume für Dienstleistungen, Beratung und Publikumsanlässe. Mit der Nähe zur Autobahnausfahrt Breite und der nahen Anbindung an den ÖV ist das Tierheim sehr gut erreichbar. Die Nähe zum begrünten Birsuferweg erlaubt zudem das wichtige tägliche Spazieren der Tiere in freier Natur. Das Tierheim wird seit bald zehn Jahren von Béatrice Kirn, eidg. dipl. Betriebswirtschafterin und eidg. dipl. Tierpflegerin, geleitet.

Im Interview mit dem GESCHÄFTSFÜHRER beantwortet Béatrice Kirn Fragen über die Herausforderungen an die Unternehmensführung.

GESCHÄFTSFÜHRER: Welche zusätzlichen Aufgaben neben der Betriebsführung mussten bewältigt werden?
Béatrice Kirn: Neben dem täglichen Betrieb und den damit verbundenen Aufgaben mussten die Abläufe und Prozesse an den Neubau angepasst werden. Am Übergangsstandort sind alle Tiere auf derselben Ebene untergebracht. Im neuen Tierheim werden diese wieder auf zwei Ebenen betreut. Das bedeutet, dass sich die Wege der Tierpfleger verändern und damit auch die Arbeitsabläufe und die dafür notwendige Zeit.

 Wie wurden die Abläufe und Prozesse angepasst?
Es wurden Arbeitsgruppen aus den jeweiligen Bereichen gebildet oder mit Teammitgliedern, die über Schnittstellen in die spezifischen Aufgaben involviert sind. Konkret stellten wir Arbeitsgruppen für die Quarantänestationen, den Katzen- sowie den Hundebereich – inklusive Grünausläufe – für die Kleintieroasen, das Aussengehege, die Futterküchen, den Lehrpfad, den Reptilienraum und das Tierarztzimmer zusammen. Weitere Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit der gesamten Administration des Tierheims und unseren Dienstleistungen sowie dem gesamten ICT-Bereich, an den wir als Dienstleistungsbetrieb hohe Anforderungen stellen müssen.

Wie muss man sich die Arbeit dieser Arbeitsgruppen vorstellen?
Zuerst bestimmte jede Gruppe einen Projektleiter. Danach wurde für jeden Bereich der Ist-Zustand festgehalten und der Soll-Zustand erarbeitet. Die Resultate wurden dann der jeweiligen Bereichsleitung und der Geschäftsleitung vorgestellt, welche ihrerseits Inputs formulierten, welche ins Projekt aufgenommen wurden. Zum Schluss wurden die einzelnen Projekte dem gesamten Team präsentiert.

Wie hat sich dieser starke Einbezug der Mitarbeitenden Ihrer Ansicht nach bewährt?
Äusserst positiv, denn die Mitarbeitenden kennen sich in den jeweiligen Bereichen am besten aus, und sie können die Vor- und Nachteile der angedachten Lösungen am professionellsten beurteilen. Damit können auch Chancen der jeweiligen Projekte eruiert und Risiken vermindert beziehungsweise die Voraussetzungen für positive Veränderungen geschaffen werden. Darüber hinaus wirkt sich diese Arbeitsweise positiv auf die Motivation der Mitarbeitenden aus, welche damit auch dokumentieren, dass – und wie – sie hinter dem Gesamtprojekt stehen. Alles in allem lässt sich feststellen, dass damit auch das Vertrauen untereinander und gegenüber den Bereichsleitungen sowie der Geschäftsleitung gestärkt wird.

Welche zusätzlichen Anforderungen haben sich – Stichwort «Zielbildung» – für die Leitung des Tierheims im Zuge der organisatorischen Planung für das Neubauprojekt ergeben?
Aufgrund neu gewonnener Erfahrungen am Übergangsstandort in Münchenstein mussten die Zielsetzungen angepasst werden. Der Grundstein für eine erfolgreiche Führung wird durch eine Konkretisierung der Organisationsziele gelegt. Die Ziele haben wir klar formuliert: Sie sind messbar oder in messbare, kurz-, mittel- und langfristige Ziele zerlegt worden, was für die Sicherung der Organisation wichtig ist. Wie bereits dargestellt dienten dabei die Vorschläge und Alternativlösungen der Arbeitsgruppen für die Leitung als zusätzliche Planungs- und Entscheidungshilfen für die komplexe Organisation des Tierheimes.

Planung und Entscheidungsgrundlagen sind das eine – welche Mittel stehen der Leitung des Tierheimes für die Realisierung und Kontrolle der erarbeiteten Prozesse und Abläufe sowie für die Unternehmensführung als Ganzes zur Verfügung?
Um die beschlossenen Aktivitäten realisieren zu können, müssen geeignete Massnahmen ergriffen werden, wie das Bereitstellen der geeigneten Infrastruktur, des passenden Personals und der notwendigen Personalressourcen und der Arbeitsmaterialien dazu. All diese Massnahmen sind zusätzlich termingebunden. Die Ausführung wird durch Kontrollmassnahmen begleitet, um bei Planabweichungen einerseits ein frühzeitiges Gegensteuern zu erlauben und andererseits Erfahrungen für künftige Planungs- und Entscheidungsprozesse zu sammeln und zu dokumentieren. Diese Kontrollmassnahmen mussten formuliert und verabschiedet werden.

Welche Rolle spielt für die Leitung des Tierheimes die Informationswirtschaft und die Koordination der verschiedenen Organisationsbereiche?
Besonders anforderungsreich für die Leitung des Tierheimes ist es, die notwendigen Informationen für das betriebliche Rechnungswesen zur Verfügung zu stellen. Es gilt, unternehmensexterne, entscheidungsrelevante Daten zu beschaffen sowie die Unternehmensführung in jeder Phase mit Plan- und Kontrolldaten zu versorgen. Somit ist die Informationswirtschaft in alle Teile des Unternehmens involviert. Besonderes Augenmerk wird ihr derzeit bei der Beschaffung von Kontrolldaten geschenkt (Corporate Governance, Value Governance). Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alle Bereiche der Unternehmensführung in ganz bestimmter Weise von einander abhängen. So muss etwa für eine optimale Umsetzung einer geplanten Aktivität die Organisation entsprechend ausgerichtet werden. Dies bedarf koordinierender Handlungen, die als Teil des Controllings des Unternehmens gesehen werden können.

www.tbb.ch