Die Grosspeter AG – Geschichte, Gegenwart und Zukunft

Interview mit Beat Imwinkelried | von Georg Lutz

Wer sich für Autos im Raum Basel interessiert, kommt an der Grosspeter AG nicht vorbei. Die Verantwortlichen haben die Automobilgeschichte in Basel mitgeprägt – mit ihren Höhen und Tiefen. Heute stehen sie wieder vor grossen Herausforderungen. So will eine junge Generation ganz anders angesprochen werden, und die E-Mobilität steht vor dem Durchbruch.

Beat Imwinkelried hat Benzin im Blut und ist CEO der Grosspeter AG. Seit Jahren agiert er in unterschiedlichen Positionen der Automobilbranche an vorderster Front, wenn es darum geht, Mobilität auf höchstem Niveau für seine Kunden zu realisieren. Das muss er auch, denn die Branche steht vor Umbrüchen und ist sicher alles andere als ein Ruhekissen.

Die Grosspeter AG ist seit der Pionierzeit des Automobilbaus in Basel präsent. Wann war das genau?
1936, sprich, vor 82 Jahren begann Grosspeter, sich zu etablieren.

Gibt es historische Meilensteine seit den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts, die man in Stichworten skizzieren kann, um Veränderungsprozesse besser zu verstehen?
Das Unternehmen hat mit dem Verkauf von Lastwagen begonnen. Schon früh gab es im Zweiten Weltkrieg eine sehr schwierige Zeit. Die Verantwortlichen konnten nur unternehmerisch tätig bleiben, da man auf Lastwagen mit Holzbefeuerung gesetzt hat.

Das waren die Verbrennungsmotoren mit Holzvergaser, als Benzin sehr knapp war.
Man hat sich so durchgeschmuggelt.

Dann, in den Fünfzigerjahren, wurde alles anders?
Es begann der Höhenflug des Automobils. Grosspeter war die Vertretung der Marke Opel/General Motors (GM) im Raum Basel.

Das war die Zeit der gewaltigen Heckflossen, aber auch der Kleinwagen.
Richtig. Erst ging es um die Erstausstattung für die Kleinfamilie. Ab den Achtzigern ging es dann schon um das zweite Auto. Wir sonnten uns in den goldenen Zeiten des Automobilhandels.

Hatte eigentlich in der Schweiz GM die Nase vorne, oder war Opel beliebter?
Das hielt sich die Waage. GM repräsentierte eher die Statussymbole mit Marken wie Chevrolet, Oldsmobil oder Buick – je länger, desto besser. Opel hat sich eher im Massenmarkt mit den Kleinwagen oder Familienkutschen bewegt. Der Erfolg war beträchtlich. Opel hatte in der Schweiz einen Marktanteil zu Spitzenzeiten von 16 Prozent und war damit die Nummer eins.

Das ist aus heutiger Sicht sehr viel.
Allerdings. Dann begann aber vor 25 Jahren der stetige Abstieg des Marktführers. Heute liegt man bei knapp vier Prozent.

Das war dann sicher ein Grund, von den Verantwortlichen Ihres Hauses zu VW zu wechseln?
2013 wechselte Grosspeter von Opel zu VW. Die Generation vor mir ist mit Opel als Spitzenreiter gross geworden. Dementsprechend wurde eine gewaltige Infrastruktur im Rahmen von Grosspeter aufgebaut, die sich mit dem Rückgang der Zahlen nicht mehr halten liess. Wir waren auf den Verkauf von 2’000 Neufahrzeugen pro Jahr ausgelegt. Wir standen als Unternehmer und auch im Verwaltungsrat vor der Entscheidung, entweder die Grosspeter massiv zu verkleinern oder die Marke zu wechseln.

Sie haben sich für die zweite Variante entschieden?
Ja, wir wurden zudem noch von AMAG angefragt und ergriffen die Chance und haben den Markenwechsel in Angriff genommen. Das ist uns nicht leicht gefallen. Nach fast 80 Jahren als Opelhändler mit einer Stammkundschaft ist solch ein Markenwechsel auch mit Risiken verbunden.

Warum war und ist VW besser aufgestellt?
Beide Marken haben ihre Stärken und ihre Schwächen. VW hat aber ein viel umfassenderes Modellangebot und ist zweitens heute Nummer eins im Markt.

Hat aber durch einige Skandale und Strategiefehler in den letzten Jahren auch Schrammen hinnehmen müssen.
Aber VW bietet uns die Möglichkeit, weiter grosse Volumen realisieren zu können. Und vergessen wir nicht: VW hat im Nutzfahrzeugmarkt ein sehr starkes Angebot.

Sie haben heute verschiedenste Niederlassungen im Raum Basel. Wir sitzen hier beispielsweise in der Mini-Verkaufsstelle. Das ist ja wieder eine andere Marke. Nach welcher Struktur und Strategie sind Sie aufgebaut?
Unsere Gruppe vertritt verschiedene Marken und macht dies im Rahmen unterschiedlicher Autohäuser.

Jeweils ein Autohaus ist einer Marke zugeordnet?
Genau. Bei der Abt Automobile AG vertreten wir die Marken BMW, Mini und Morgan. Das machen wir in der ganzen Nordwestschweiz. Bei Grosspeter bieten wir in der Region exklusiv VW und VW-Nutzfahrzeuge an. Standorte gibt es dazu in Basel, Muttenz Rheinfelden, Füllinsdorf und Rheinfelden.

Bei VW steht ein rundes Jubiläum an: 70 Jahre VW in der Schweiz. Das muss gefeiert werden. Es stellt sich aber die Frage, was es zu feiern gibt.
Die Marke ist nach einigen Krisen in einem Transformationsprozess. Sie kommt aber jetzt mit neuen attraktiven Modellen auf den Markt – insbesondere im SUV-Bereich ist das zu sehen und zu spüren.

VW hatte früher Kerntypen wie der VW Käfer für einen Massenmarkt und den legendären Bulli für Nischensegmente und Businesslösungen. In der Ära Winterkorn gab es aus meiner Sicht ein klares Ziel. Man wollte Toyota als globaler Player vom Siegertreppchen verdrängen. Darunter mussten andere Ziele leiden. Sehen Sie dies auch so?
Die Krise wurde nicht durch die Strategie als solches ausgelöst, sondern durch die Skandale rund um den Diesel. Das hat dazu geführt, dass man den Gürtel enger schnallen musste. Man hat das Produktportfolio überarbeitet. So ist VW heute nicht mehr im Luxussegment tätig. Man beschränkt sich auf Fahrzeuge im Volumensegment. Dort will man aber am oberen Ende positioniert sein.

Es haben sich aber auch im Volumensegment die Bedürfnisse der Kunden verändert. Der Trend geht in Richtung SUV. Linien, wie sie der Passat repräsentiert, gehen eher zurück, dafür gewinnt die Linie des Tiguan. Das lässt sich auch an anderen Marken beobachten.

Beim Trend-Thema SUV habe ich eine Nachfrage. Machen sich hier Anbieter und Kunden nicht etwas vor? SUVs werden als starke und massige Autos verkauft, die gleichzeitig ökologisch sein sollen. Das ist doch ein Widerspruch.
Es gibt hier zwei Antworten. Die eine Antwort bezieht sich auf den Erfolg des SUV generell. Hier gibt es rationale Argumente. Frauen sitzen gerne etwas höher, da sie so die bessere Übersicht im Strassenverkehr haben. Senioren wechseln häufig von einer Limousine hin zu einem kleineren SUV, da sie höher einsteigen können. Dazu kommen aber auch emotionale Kaufentscheide. Der SUV ist der Inbegriff von Freiheit.

Ja, ich kann mit meinem Boot auf dem Hänger in die Berge fahren.
Auch wenn man es tatsächlich nur einmal in fünf Jahren macht, ist es ein emotionaler Grund. Und diese sind weiter wirkungsmächtig. Das Gefühl von Freiheit der individuellen Mobilität ist weiter da.

Beim Thema Ökologie machen wir uns in der gesamten Mobilität etwas vor. Rechnen Sie doch mal bei jeder Mobilitätsform die ökologischen Konsequenzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch. Da steht die Elektromobilität plötzlich nicht mehr so gut da, wie ich dies aktuell in den Medien lesen kann. Auch die Freunde von Tesla wollen das nicht so richtig wahrhaben.

Wir haben gerade von der älteren Generation gesprochen. Für diese war das Auto ein Prestigeobjekt. Heute schaut die Jugend eher auf ihr Smartphone als auf die Pferdestärken unter der Haube. Auto ist ein Gebrauchsgegenstand. Man lässt sich sogar auf Sharingmodelle ein. Wie gehen Sie mit diesem Trend um?
Es gibt diesen Trend. Vielleicht etwas langsamer, wie Sie dies gerade skizzieren. Aber innerhalb einer Generation ist der Wandel spürbar. Unser Verhältnis zum Auto wird ein anderes sein. Das Statussymbol ist nicht mehr so wichtig. Gleichzeitig ist eine jüngere Generation oft sehr viel besser informiert.

Das Bedienen der Bedürfnisse der «Digital Natives» stellt für den Verkauf und After Sales ganz neue Herausforderungen dar. Die junge Generation will rund um die Uhr informiert sein. Die verstehen nicht, wenn sich das Autohaus eine Woche nicht meldet. Telefonieren und minutenlang in einer Warteschlange zu hängen, geht gar nicht. Man will mit wenigen Mausklicks operativ weiterkommen. Gleichzeitig haben wir mit einer älteren Generation zu tun, die nicht online abgefertigt werden will. Hier ist der persönliche Kontakt, der über Jahre mit der gleichen Person besteht, wichtig.

Man braucht beide Strategien?
Ja, aber es ist von der Seite der Kosten nicht alles darstellbar. Die Margen in unserer Branche werden ja nicht grösser.

Dann braucht es Einsparpotenziale. Wo sehen Sie diese?
Ich gehe davon aus, dass wir in wenigen Jahren kleinere Verkaufsräume benötigen werden. Der Kunde muss nicht mehr jedes Autos sehen, wenn er es optimal digital präsentiert bekommt.

Ja, ich sehe schon die 3-D-Hologramme vor mir.
Aber zunächst müssen wir weiter doppelgleisig fahren. Ältere Generationen wollen das Auto vor Ort sehen, es auch berühren können und eine Testfahrt machen.

In der Automobilbranche tätig zu sein, ist heute ein innovativer Job. Wir stehen vor einer Wende. Der Verbrennungsmotor wird an Bedeutung abnehmen, und die E-Mobilität wird zunehmen. Stimmen Sie dieser These zu?
Ich bin überzeugt, dass die E-Mobilität einen wichtigen Platz einnehmen wird. 20 Prozent halte ich eine für eine realistische Einschätzung. Ich glaube aber nicht, dass wir in zehn Jahren eine viel grössere Verschiebung erleben werden.

Bei den Velos sieht das aber anders aus. Der Wechsel ist da in vollem Gange.
Es gibt zwei, drei wichtige Unterschiede. Man hat aber nur das Produkt im Fokus. Das ist aber ungenügend. Schauen Sie sich doch nur die Thematik der Ladeinfrastruktur an. Hier stehen wir beim E-Auto noch ganz am Anfang. Es muss es flächendeckende Lösungen, und zwar in ganz Europa geben. Das ist übrigens auch der Unterschied zum Fahrradmarkt. Autokunden wollen im Sommer in die Toskana ohne Umwege fahren. Ohne ausgebaute Infrastruktur werden sich die Leute nicht in Richtung E-Auto bewegen. Da braucht es zunächst grosse Investitionen, um zu Ergebnissen zu kommen, die unserem heutigen Tankstellennetz entsprechen. Das sehe ich noch nicht.

Zudem wird der heutige Verkehr vom kommerziellen Verkehr dominiert.

Ja, für Unternehmen ist die Strasse das rollende Lager.
Und wir als Kunden bestellen immer mehr online bei Amazon oder Zalando. Hier nimmt der Verkehr, und zwar mit klassischen Lastwagen eher noch zu. Ich habe Zweifel, ob hier zehn Jahre als Zeithorizont für einen Wechsel reichen. Der Kunde ist noch nicht bereit. Man mag es nicht glauben, aber es gibt in der Schweiz Menschen, die in Mietwohnungen ohne Garage wohnen. Die haben keine Ladestation zur Verfügung. Der «Early Adoptor» an der Goldküste in Zürich fährt heute einen Tesla und hat auf seinem Grundstück auch eine Ladestation. Aber erstens ist das kein Volumenmarkt und zweitens hat er noch einen Range Rover in der Garage, um nach St. Moritz zu kommen.

Die Verantwortlichen müssen aber trotzdem auf den Wechsel vorbereitet sein. Die Technologiegeschichte zeigt, dass Nischenprodukte sich ab einem gewissen Punkt sehr schnell in Richtung Massenmarkt entwickeln können. Wo sitzt für Sie der «Game Changer» der E-Mobilität?
In China. Dort entsteht aufgrund von staatlichen Vorgaben ein Massenmarkt. Hier gibt es auch dann Anbieter, die diesen Markt auch bedienen. Das kann dann dazu führen, dass diese chinesischen Anbieter Europa und die USA mit E-Autos überholen werden. Dann wird es qualitative Schritte nach vorne geben. Das geht aber nicht von den USA aus. Dort dominieren ja immer noch die berühmten Pick-ups mit ihren 5,8-Liter-Motoren. In Europa sind wir besser vorbereitet. VW hat den Strategiewechsel, in dem E-Mobilität eine grosse Rolle spielt, beschlossen. Wir werden dies trotz vieler Herausforderungen hier regional auch umsetzen.

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