Die hohe Kunst der Schneiderei

Interview mit Felix Kring von Anka Refghi

Wer Massbekleidung aus feinstem Tuch liebt, der kommt an dem Basler Geschäft HERRENSTOLZ von Felix Kring nicht vorbei. Denn hier sind exklusive Stoffe, höchste Verarbeitungsqualität und exzellente Schneiderkunst die Ingredienzien für den perfekten Massanzug.

Anzüge, Hemden, Vestons, Krawatten und Accessoires – in dem kleinen und schmucken Geschäft am Basler Klosterberg 15 findet man alles für den stilvollen Auftritt. Gründer der Marke HERRENSTOLZ ist der so sympathische wie charismatische Felix Kring – seines Zeichens Modedesigner und Ökonom, der sein Handwerk unter anderem bei Meistern von Londons berühmter Savile Row gelernt hat. Seit der Eröffnung im Jahr 2013 steht das Modelabel HERRENSTOLZ nicht nur für ein Geschäft, in dem man sich sofort wohlfühlt, sondern mit rund 15 000 zur Auswahl stehenden Stoffen auch für ein Eldorado des guten Geschmacks.

GESCHÄFTSFÜHRER: Herr Kring, warum sollte man sich für einen Massanzug entscheiden?
Felix Kring: In erster Linie ist er etwas Besonderes, etwas Individuelles. Ein Massanzug unterstreicht die Persönlichkeit und zeichnet Charakter. Und natürlich muss man bei Massbekleidung weder in Bezug auf Passform noch Qualität Kompromisse eingehen.

Neben den exklusiven Stoffherstellermarken wie Loro Piana, Ariston, Holland & Sherry oder Scabal führen Sie auch eine hauseigene Stoffmarke …
Ja, das ist richtig. Unsere Hauskollektion ist etwas günstiger und als Pendant zu den klassischen Brands gedacht. Zur Auswahl stehen 400 Anzugstoffe, rund 80 Mantelstoffe und 400 Hemdenstoffe. Hier bieten wir Design und Qualität zu einem sehr interessanten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Wen zählen Sie zu Ihren Kunden?
Die ganze Bandbreite. Viele meiner Kunden sind Banker, Unternehmensberater, Juristen und Führungspersönlichkeiten. Dann aber auch Männer, die normalerweise keine Anzüge tragen, sich jedoch für die Hochzeit mit einem hochwertigen und perfekt sitzenden Anzug einkleiden möchten. Es kommen auch junge Menschen, die bei der Maturafeier elegant auftreten möchten oder die Kundschaft «70+», die etwas für die Goldene Hochzeit oder die Taufe des Enkelkindes sucht. Und natürlich die kreativ Schaffenden, die gern frei von Einschränkungen in der Gestaltung ihrer Garderobe sind.

Massschneiderei versus Fast Fashion … Welche Entwicklung beobachten Sie in den letzten Jahren?
Generell ist das Thema der Personalisierung sehr stark. Die Leute wollen individuell sein. Um diesen Markt zu bedienen, gibt es mittlerweile gute masskonfektionierte Anzüge für erschwingliche Preise und die wirklich toll passen. Entsprechend ist hier der Markt auch gewachsen. Die klassische Massschneiderei, wie wir sie betreiben, ist in den letzten Jahren auf etwa gleichbleibendem Level geblieben.

Wie muss man sich die klassische Massschneiderei bei Ihnen vorstellen?
Klassische Massschneiderei bedeutet bei uns, dass für jeden Kunden ein individuelles Schnittmuster von Grund auf erstellt wird. Im Gegensatz zur Masskonfektion, bei der ein Schnittmuster nur angepasst wird, kommt der Kunde zu mehreren Anproben, bis der Anzug fertiggestellt ist. Diese Prozedur dauert oft sehr lange, in manchen Fällen bis zu acht Monaten. Wir haben uns überlegt, wie wir diesen Prozess effektiver gestalten können und dann ein einzigartiges Konzept entwickelt, mit dem wir eine hundertprozentige Zufriedenheit unserer Kunden sicherstellen können, dies aber zeitnah, insbesondere für weitere Bestellungen.

Dazu nehmen wir bei der ersten «Besprechung» die Masse unserer Kunden auf, bestimmen Proportionen und Haltungsgrad und gestalten dann gemeinsam das Design des Anzugs. Basierend darauf wird ein individuelles Schnittmuster per CAD angefertigt.

Damit fertigen wir dann einen Probeanzug an, der in zwei bis drei Wochen für die erste Anprobe zur Verfügung steht. Nach der Anprobe können dann Änderungen am Schnittmuster vorgenommen werden, bevor der eigentliche Anzug geschneidert wird – dies geschieht in der Regel ebenfalls in zwei bis drei Wochen. Dann geht es zur zweiten und meist finalen Anprobe. Sollte es dann nochmals minimale Änderungswünsche geben, werden diese meist noch am selben Tag von unserem Meisterschneider in unserem Atelier an der Heuwaage (Basel) erledigt. Das Schnittmuster bleibt elektronisch gespeichert, so kann der Kunde dann jederzeit ein neues Kleidungsstück bestellen, allerdings ohne das Prozedere von Vermessung und Zwischenprobe.

Swiss Indoors ist ebenfalls ein grosses Thema, denn Sie sind hier offizieller Ausstatter für Massbekleidung …
Das ist tatsächlich eine grosse Herzensangelegenheit, denn ich bin bekennender Fan der Swiss Indoors, dem zweitgrössten Tennis-Hallenturnier der Welt. 2016 kam ich in Kontakt mit Roger Brennwald und fragte an, ob es schon einen Sponsor für Massanzüge gäbe. Ich bekam dann einen Anruf, und kurz danach stand er bei uns im Geschäft, und wir haben mit der Gestaltung der Anzüge für die Offiziellen begonnen. Für uns als kleines Start-up ist das natürlich eine grosse Sache, dass wir uns «offizieller Ausstatter für Massbekleidung der Swiss Indoors Basel» nennen dürfen.

Sie haben Ihr Ladengeschäft im Herzen von Basel. Was ist für Sie an dieser Stadt so besonders?
Basel ist eine Weltstadt im Taschenformat – das ist ein Spruch, den ich vor Kurzem gelesen habe und sehr passend finde. Auch weiss man nie, wer gerade ins Geschäft kommt. Das kann der Schauspieler aus dem Theater sein, der Elektriker von nebenan oder auf einmal der CEO eines Weltunternehmens. Faszinierend finde ich auch die Basler Bodenständigkeit. Die Menschen sind kritisch, sie hinterfragen und sie wissen genau, was sie wollen. Grundsätzlich erlebe ich Basel als sehr bunt und lebendig.

Welches Modeattest würden Sie dem Schweizer Mann ausstellen?
Was den Geschmack und die Auswahl betrifft, haben die Schweizer einen hohen Anspruch an Eleganz, und typisch schweizerisch: Qualität. Ebenso gibt es ein modisches Bewusstsein in Bezug auf Schnitt und Form. Bei den Farben wird aber meist auf klassische Farben wie Dunkelblau, Grau oder Königsblau gesetzt. Die ganz extrovertierten «Exkurse» sind eher die Ausnahme.

HERRENSTOLZ