Hans-Jörg Fankhauser: Er versteht was von ­Industrie

In der Architekturbranche ist die Arealentwicklung die Königsdisziplin. Einer der profiliertesten und kreativsten Arealentwickler in der Region Basel ist Hans-Jörg Fankhauser. Der Reinacher Architekt ist mit der «Fankhauser Arealentwicklungen AG» insbesondere auf die Entwicklung von ganzen Arealen und Quartieren spezialisiert. Nun hat er mit ­seinen Ideen und Plänen für die Entwicklung eines «Kompetenzzentrums Industrie 4.0» – also für eine durch ­Roboter und Digitalisierung geprägte industrielle Produktion – auf dem Schorenareal in Arlesheim ein für die ganze Region wegweisendes Projekt angestossen und auf den Weg gebracht.

Der Name Fankhauser verbindet sich mit Vorzeigeprojekten wie dem Airport Hotel in Basel, dem mondänen Erlentor im Erlenmattquartier in Basel oder den Wohnsiedlungen Seidentor in Arlesheim, Steinreben in Reinach und der Wohnsiedlung Duradero mit 260 Wohnungen an der Bachgrabenpromenade in Allschwil. Auch das TechCenter Reinach, wo sich mittlerweile diverse Weltkonzerne mit 700 Arbeitsplätzen angesiedelt haben, wurde von Fankhauser entwickelt und realisiert. Mit dem «Kompetenzzentrum Industrie 4.0» auf dem Schorenareal in Arlesheim hat nun Hans-Jörg Fankhauser ein weiteres Kapitel in seiner mehr als 20-jährigen Tätigkeit als erfolgreicher Immobilien- und Arealentwickler aufgeschlagen. Um die Realisierung zügig in Angriff zu nehmen, wurde dafür die «uptownBasel  AG» gegründet, die von Hans-Jörg Fankhauser operationell geleitet und von Dr. Thomas Staehelin präsidiert wird. Dr. Thomas Staehelin ist ein renommierter Wirtschaftsanwalt und Investor. Er ist auch Präsident der Handelskammer beider Basel.

Die «uptownBasel AG» hat das 35’000 m2 grosse Areal per 1. September  2016 dem Kanton Basel-Landschaft abgekauft. Die Parzelle nördlich davon wird seit 2011 von der Firma Stamm Bau AG genutzt. Quasi als Start dieser grossen Arealentwicklung hat Fankhauser Architektur  AG für Stamm sämtliche neuen Werkstatt- und Büro-Arbeitsplätze geplant und eingerichtet. Mit diesem ersten Schritt konnten bereits 450 Arbeitsplätze im seit Jahren brachliegenden Areal angesiedelt werden. Insgesamt sollen auf dem Areal der «uptownBasel AG» rund 70’000 m2 Industrie-4.0-fähige Gewerbe-, Büro- und Produktionsflächen entstehen. Bis im Jahr 2025, wenn das Areal seine volle Nutzung erreicht haben wird, sollen dort nochmals 1000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das «Kompetenzzentrum Industrie 4.0» auf dem Schorenareal an der Aliothstrasse in Arlesheim wird an industriegeschichtlich bedeutsamer Stelle errichtet. Ab den 1890er-Jahren baute der Basler Industrielle Ludwig Rudolf Alioth hier grosse Fabrikhallen für Elektromotoren, wie man sie bisher in der Region nicht kannte. Er war einer der Ersten, der das Potenzial der Elektrowirtschaft erkannt hatte. In der Folge produzierte die Elektrizitätsgesellschaft Alioth AG (EGA) für Abnehmer in ganz Europa Dynamomaschinen mit einer Leistung bis zu 600 PS. Ludwig Rudolf Alioth verkaufte das Unternehmen und die unzähligen Patente 1911 an die Brown Boveri & Cie., Baden (BBC), die hier vor allem Lokomotiven zusammenbaute, wenn das Werk in Baden ausgelastet war. 1988 fusionierte BBC mit der schwedischen Firma Asea zur heutigen ABB, was das definitive Aus für das Werk auf dem Schorenareal bedeutete. Die ­«uptownBasel AG» wird nun das stadtnahe grosse Gelände in den nächsten Jahren systematisch urbanisieren. Im Interview mit dem «Geschäftsführer» erklärt Hans-Jörg Fankhauser unter anderem, was er unter einer zukunftsfähigen Arealentwicklung versteht beziehungsweise welche Anforderungen an einen Projektentwickler gestellt werden und spricht über seine Visionen bezüglich Industrie 4.0 in der Birsstadt.

«Geschäftsführer»: Was zeichnet einen guten Arealentwickler aus?

Als Arealentwickler muss man in der Lage sein, disziplinenübergreifend zu denken. Entscheidend dabei ist, die zukünftigen Technologien im Blickfeld zu behalten, die sich aus der rasch fortschreitenden Digitalisierung ergeben. Das Anspruchsvolle an der Tätigkeit des Areal- und ­Immobilienentwicklers ist, möglichst genau herauszufinden, was die Anforderungen an moderne Gebäudestrukturen sind, um die zukünftigen Anforderungen an Räume für digital vernetzte Produktionsabläufe zu erfüllen. Der Schlüsselbegriff für diese aktuelle Entwicklung heisst Industrie 4.0. Es geht dabei um die weitgehende Vernetzung und Automatisierung der gesamten industriellen Wertschöpfungskette durch ­Digitalisierung und die Produktion mittels Robotertechnik.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, das «Kompetenzzentrum Industrie 4.0» in Arlesheim zu entwickeln?
Seit einigen Jahren treibt mich die Frage an, wie sich unsere industrielle Produktion entwickeln wird. Sind es im Moment vor allem noch die grossen Life-Sciences-Unternehmen, welche in unserer Region eine Leuchtturmfunktion einnehmen, werden in absehbarer Zeit weitere Hightech-Firmen ebenfalls einen wichtigen Platz beanspruchen. Die grosse Anzahl hervorragend ausgebildeter Personen, der Innovationsgeist und auch die Unternehmenssteuerreform III, die gerade solche ­Arbeitsplätze anziehen wird, bringen mich zur Überzeugung, dass die Region Basel bereits heute die besten Voraussetzungen hat, um im internationalen Wettstreit der Hightech-Produktionsstandorte ein gewichtiges Wort mitreden zu können. Präzisionsmechanik, Medizintechnologie, Elektrotechnik und Robotik werden die zentralen Treiber sein, die unter dem Begriff Industrie 4.0 unsere Wirtschaftsregion zusätzlich prägen werden. Diese spezialisierten Unternehmen suchen die Nähe zu anderen Spezialisten. Vor allem benötigen sie aber Intelligenz und Expertenwissen. In der Region Basel und speziell in der Birsstadt wohnen Tausende von hervorragend ausgebildeten Fachleuten, die hier leben und arbeiten wollen. Das Areal direkt an der Birs ist ausgezeichnet erschlossen, und vor allem ist es ein grosses Areal. Unternehmen, die sich neu ansiedeln, wollen gerade in einer Zeit des starken Wandels nur an einen Ort ziehen, wo sie sich entwickeln und vergrössern können. Das Wissen um diese Anforderung hat mich auch bewogen, der Gemeinde Aesch zu raten, das noch schwach genutzte Areal Aesch Nord systematisch für Unternehmen zu positionieren, die in der Industrie 4.0 im Bereich der vernetzten Dienstleistungen tätig sind. Das 50 ha grosse Gewerbegebiet ist eine riesige Chance für die gesamte Birsstadt.

Wie wissen Sie, dass die Zukunft in der Industrie 4.0 liegt?
Wer sich für das produzierende Gewerbe, die Industrie und für die modernen Dienstleistungsunternehmen interessiert, sieht, wie stark diese schon digitalisiert und vernetzt sind. Viele Unternehmen sind bereit, den nächsten Schritt zu gehen, um sich in der weltweit vernetzten Produktion der Hightech-Firmen zu positionieren. Ich kenne einige tolle Unternehmen, die in kleinen Schritten und mit grossem Willen daran sind, ihre Ressourcen in eine weltweit vernetzte Produktionslogistik einzufügen. Produziert wird zukünftig dort, wo das grösste Know-how bzw. die grösste Präzision garantiert wird. Einen Grossteil meines Erfahrungswissens habe ich dadurch erworben, dass ich in den letzten 20 Jahren immer wieder für das produzierende Gewerbe planen und bauen durfte. Den anderen Teil des Wissens habe ich aus unzähligen Gesprächen, die ich mit Unternehmern führe. In den letzten beiden Jahren war ich viel unterwegs und habe produzierende Industriebetriebe, vor allem aus dem KMU-Bereich, in der Schweiz und im süddeutschen Raum besucht. Auch als Entwickler des TechCenters Reinach weiss ich, wie schnell bei den die Industrie begleitenden Dienstleistungsunternehmen der Wandel in die Digitalisierung vollzogen wurde. Beim Start der ersten Bauetappe in Reinach im Jahre 2002 haben wir noch mehrheitlich klassische Labore eingebaut. In den letzten fünf Jahren wurde dieser Labortyp systematisch automatisiert und digitalisiert.

Wie wichtig ist der Bau des «Kompetenzzentrums Industrie 4.0» in Arlesheim für die Region?
Die für die internationale Vernetzung wichtigen Kompetenzen in einem grossen Zentrum zu fassen und den Nutzern eine Entwicklungschance anbieten zu können, ist sehr wichtig für unsere Region. Für den Kanton Basel-Landschaft ist es sinnvoll, sich im Bereich der weltweit vernetzten Hightech-Produktion zu positionieren, daran arbeiten wir zusammen mit der Standortförderung des Kantons Basel-Landschaft. Wir schätzen die Baukosten des Zentrums auf ca. 400–500 Mio. Franken. Was aber viel wichtiger ist: Wir gehen von einer zukünftigen Lohnsumme aller sich ansiedelnden Unternehmen von ca. 100 Mio. Franken pro Jahr aus. Davon profitieren der Kanton und die umliegenden Wohngemeinden in Form von Erwerbssteuern. Sind die Unternehmen auch noch erfolgreich, werden zusätzliche Steuereinnahmen generiert.

Wie sieht die Planung des «Kompetenzzentrums Industrie 4.0» auf dem Schorenareal in Arlesheim konkret aus?
Im Frühjahr 2017 wird die Baueingabe für das erste Gebäude mit rund 20’000 m2 Nutzfläche erfolgen. Der Baustart erfolgt dann voraussichtlich Ende 2017.

Weshalb fiel die Standortwahl für das «Kompetenzzentrum Industrie 4.0» auf das Schorenareal an der Aliothstrasse?
Die Nähe zur Stadt, die hervorragende Erreichbarkeit, die Grösse des Grundstücks (35’000 m2) und die Lage direkt an der Birs waren entscheidend. Ebenfalls war sehr wichtig, dass das Grundstück sofort bebaut werden kann. Die Erreichbarkeit des Standortes für gut ausgebildete Personen haben wir mithilfe eines mathematischen Modells errechnet (SNL-Theorie). Im Umkreis von 35 km vom Standort aus wohnen ca. 250’000 Personen mit einer höheren Ausbildung im Alter von 35–65 Jahren. Diese Altersgruppe ist wichtig für eine professionelle Produktentwicklung und Produktion hochwertiger Güter.

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