«Ich hatte eine tolle Zeit»

Interview mit Barbara Gutzwiller von Niggi Freundlieb

Barbara Gutzwiller.

Nach 22 Jahren beim Arbeitgeberverband Basel – Davon 16 Jahren als Direktorin – Tritt Barbara Gutzwiller per ende 2020 in den Ruhestand. Unter ihrer Leitung wurde die Fusion zwischen Arbeitgeberverband und dem Basler Volkswirtschaftsbund vollzogen und es entstanden moderne Verbandsstrukturen. Heute Präsentiert sich der Verband als schlagkräftige Interessensvertretung für die belange der Arbeitgeber mit zeitgemässer Kommunikation und einem reichhaltigen, auf die Unternehmen zugeschnittenen Dienstleisungsangebot.

Als die Stimme der Arbeitgeber in der Nordwestschweiz spielt der Arbeitgeberverband Basel in der regionalen Politik – insbesondere in der Wirtschaftspolitik – eine gewichtige Rolle. Nicht marktschreierisch, sondern fundiert setzt er sich dabei aktiv für einen starken Wirtschaftsraum in der gesamten Nordwestschweiz ein.

Der Arbeitgeberverband Basel zählt zu einem der grössten regionalen Dachverbände der Arbeitgeber in der Schweiz und nimmt als einer der führenden Wirtschaftsverbände in der Nordwestschweiz nicht nur die Bedürfnisse seiner Mitglieder auf, sondern strukturiert sowie artikuliert diese und vertritt sie insbesondere im politischen Prozess zwischen Staat und Parteien. Er setzt sich für eine liberale Marktwirtschaft sowie eine marktwirtschaftliche Grundordnung ein und anerkennt dabei die soziale Verantwortung der Arbeitgeber.

Der Arbeitgeberverband Basel ist per 1. Januar 2007 aus dem Basler Volkswirtschaftsbund
und dem früheren Arbeitgeber-Verband Basel hervorgegangen. Er umfasst heute über 2 500 Einzelmitglieder (Firmen) und rund 20 Kollektivmitglieder (lokale oder regionale Wirtschafts- und Branchenverbände) aus den Nordwestschweizer Kantonen Basel-Stadt,
Basel-Landschaft, Aargau und Solothurn. Im Gespräch mit dem «Geschäftsführer» zieht Barbara Gutzwiller Bilanz und unterstreicht die Wichtigkeit der Arbeit des  Arbeitgeberverbandes Basel für die regionalen Unternehmen.

«Geschäftsführer»: Eigentlich wären Sie ja schon letzten Herbst  pensioniert worden, haben aber noch ein Jahr drangehängt – und dann kam Corona, wenn Sie das gewusst hätten, hätten Sie die Zusatzrunde noch gemacht?
Barbara Gutzwiller: (lacht) Natürlich hätte ich mir ein schöneres Szenario gewünscht, aber das gedrosselte Wirtschaftsleben gab mir auch die Gelegenheit, mich etwas vertiefter mit strategischen Fragen zu beschäftigen. Ich fand auch Zeit, meine Nachfolgerin Saskia Schenker, welche meine Position Anfang 2021 einnehmen wird, einzuarbeiten. Was übrigens das Thema «Zusatzrunde» betrifft, beziehungsweise die strikte Einhaltung des Pensionsalters, bin ich der Meinung, dass solche Fristen nicht zeitgemäss sind und flexibler und pragmatischer gehandhabt werden sollten.

Bleiben wir kurz bei Corona, ohne jetzt grundsätzlich jedes damit verbundene Thema anzusprechen, abgesehen davon, dass die Krise nicht vorbei ist: War es nötig, die Wirtschaft und das öffentliche Leben dermassen zu strangulieren, und hätte es Alternativen gegeben?
Ich möchte mich jetzt im Nachhinein nicht als Besserwisserin aufspielen, dafür bin ich zu wenig Expertin in den Bereichen Pandemie und Immunologie. Ich denke, die getroffenen Entscheide waren grundsätzlich richtig, insbesondere auch, um die Kapazitäten der Spitäler freizuschaufeln. Allerdings sollten jetzt nicht nur gesundheitspolitische, sondern auch ökonomische Kriterien berücksichtigt werden.

Sie sind ja im permanenten Kontakt mit den Unternehmen – wie beurteilen Sie deren momentane Stimmungslage?
Die ist je nach Branche sehr unterschiedlich. Besonders betroffen von der Pandemie sind Unternehmen der Gastronomie-, Reise-, Veranstaltungs- und Messebranche. Dementsprechend besorgniserregend und existenzbedrohend werten die betroffenen Unternehmen ihre Lage. Insgesamt herrscht in der Gesamtwirtschaft natürlich eine grosse Unsicherheit, wie sich die Krise weiterentwickeln wird.

Welche Rolle konnte und kann der Arbeitgeberverband Basel in Zeiten der Pandemie für die Unternehmen spielen?
Wir kommunizieren stark mit den Unternehmen, nehmen deren Fragestellungen und Probleme auf und geben dies an die Behörden und die Politik weiter beziehungsweise formulieren entsprechende Inputs, um konkrete Lösungsansätze anzustossen. Stark zugenommen haben die Anfragen der Firmen zum Beispiel bezüglich Kurzarbeitsentschädigung und Rechtsfragen im Zusammenhang mit Home Office. Als Verband stellen wir fest, dass unser Dienstleistungsportfolio auch in den Zeiten der Krise gegriffen hat und genutzt wird.

Nun geht also Ihre Zeit als Direktorin des Arbeitgeberverbandes Basel zu Ende – welches Fazit ziehen Sie für sich persönlich?
Es war eine tolle Zeit und ich darf für mich in Anspruch nehmen, dass ich massgeblich an der Fusion von Arbeitgeber-Verband und Volkswirtschaftsbund, welche damals vor allem von einigen KMU kritisch beurteilt worden ist, beteiligt war und die Modernisierung des Arbeitgeberverbandes Basel eingeleitet habe. Vom Volkswirtschaftsbund kommend
kannte ich alle Dossiers und konnte mich hundertprozentig in den neuen Verband einbringen. Ich hatte klare Vorstellungen, wie der «neue» Verband aufgestellt werden muss. Prioritär galt es, das Dienstleistungsangebot des Verbandes auszubauen und für mehr Präsenz in der Öffentlichkeit zu sorgen. So wurde zum Beispiel erstmalig jemand für die Öffentlichkeitsarbeit eingestellt. Ein guter Entscheid war auch die Intensivierung
der Zusammenarbeit mit der Handelskammer beider Basel, welche uns mit der Übernahme unseres Back Office die Möglichkeit gab, mehr Mittel in unsere primären Aufgaben zu stecken. Heute steht der Arbeitgeberverband Basel mit einer effizienten Struktur und einem
modernen Dienstleistungsangebot für seine Mitglieder da, ist hervorragend vernetzt und kann mit grossem Know-how auf politischer Ebene die Interessen der Wirtschaft vertreten.

Wo stehen Sie – als weibliche Führungskraft eines Wirtschaftsverbandes – bezüglich der Lohngleichheit von Mann und Frau?
Mich stört es, dass Frauen immer als Opfer gesehen werden und der Staat diesbezüglich in die Pflicht genommen werden soll. Frauen können sich durchaus wehren, für sich selbst sprechen und Eigenverantwortung übernehmen. Das Ganze ist doch vor allem eine ideologisch geprägte Diskussion. Immer dann, wenn der Staat eingreift und man ihm neue Aufgaben auferlegt, steigen die Kosten für die Wirtschaft, und schliesslich für die  Gesellschaft insgesamt. Ausserdem sind staatliche Eingriffe in der Regel nicht effektiv. Bestes Beispiel ist «Logib», das Lohngleichheitsinstrument des Bundes, welches zwar keine eindeutigen Aussagen ergibt, aber von vielen als taugliches Messinstrument betrachtet wird. Apropos staatlich gelenkte Lohnpolitik: Nächstes Jahr stimmen wir über die Mindestlohn-Initiative der linken Parteien und Gewerkschaften ab. Diese Initiative ist strikt abzulehnen, denn die Einführung von gesetzlich festgeschriebenen Mindestlöhnen hätte schwerwiegende Folgen für die bewährte Sozialpartnerschaft, die dadurch untergraben wird. Auch auf die Berufsbildung sowie für die Arbeitsplätze im niederschwelligen Bereich hätte ein gesetzlicher Mindestlohn grosse negative Auswirkungen.

Was macht Barbara Gutzwiller ab 1. Januar 2021?
Zuerst werde ich sicher mal ein bisschen durchschnaufen, und dann werden wir sehen. Auf jeden Fall werde ich das Dossier Familienpolitik beim Arbeitgeberverband Basel noch ein halbes Jahr lang betreuen, unter anderem als Präsidentin des Vereins «Familycare Basel», der die komplette Palette an Dienstleistungen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie anbietet.

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