Immer der Nase nach

Interview mit Nicole Jäggi von Elisa Beck

Glencairn bietet dem Kunden verschiedene Dufterlebnisse.

Düfte vermögen es, tiefe Erinnerungen in uns zu wecken. Sie beeinflussen unsere Stimmung und unsere Wahrnehmung. Genau darauf hat sich Nicole Jäggi spezialisiert – sie möchte den Kunden im Atelier in Reinach die Welt der Düfte eröffnen und näherbringen. Das bringt uns auch in den Geschäftswelten weiter.

Von der Treuhänderin zur Duft-Dozentin: Nicole Jäggi hat sich ganz der Kreation von individuellen Düften verschrieben. Sie entwickelt nicht nur neue Seifen, Düfte und Parfüms,
sondern hilft den Kunden vor Ort, ihren ganz persönlichen Duft zu erstellen. Hier hat sie eine Nische gefunden, die sie mit Begeisterung ausfüllt und die einen Hauch von Südfrankreich nach Reinach bringt.

Können Sie zum Einstieg erklären, wie Sie auf den Namen Glencairn gekommen sind?
Nicole Jäggi: Glencairn ist ein Gebiet in Schottland, dazu habe ich einen persönlichen Bezug, mich spricht sehr an, wie sich die Natur dort zeigt. Das ist der eine Punkt, der andere Punkt ist die französische Lilie. Die begleitet mich schon immer. Diese zwei Aspekte haben wir kombiniert und daraus ist unser Firmenlogo entstanden. Das ist der Hintergrund:
die Kraft der Natur und die Wirkung der Symbolik.

Was haben Sie aus Grasse für Ihre Philosophie mitgebracht?
Schon als Kind war ich des Öfteren mit meinen Eltern in Südfrankreich und das hat mich schon damals fasziniert – ich habe dort meine Sinne viel intensiver wahrgenommen. Das ist ein Momentum, welches wir unseren Kunden näherbringen. Wenn sie ihre Sinne stärker wahrnehmen, hat das einen positiven Einfluss auf Körper, Geist und Seele. Diese Intensität, die habe ich zum ersten Mal in Südfrankreich kennengelernt. Heute sind wir ein- bis zweimal pro Jahr in Grasse zu einer Weiterbildung oder für den Besuch unserer Lieferanten. Grasse ist neben Paris die Dufthauptstadt schlechthin. Es ist immer noch jedes Mal etwas Besonderes, wenn wir nach Grasse fahren. Man spürt einfach, dass dort viele Verarbeiter sind und auch grosse Firmen, die dort noch destillieren. Da riecht man dann – jetzt wird Rose verarbeitet. Es ist einfach eine ganz spezielle Stimmung dort und meine Begeisterung ist ungebrochen.

Wie passen Duft und Nachhaltigkeit zusammen?
Unsere Produkte sind alle aus rein natürlichen Rohstoffen hergestellt. Unsere Rosenblätter zum Beispiel kommen aus Bulgarien, da habe ich einen Kontakt, mittlerweile eine Freundin von mir, die hat ihre eigenen Rosenfelder, da war ich auch schon zur Ernte. Wir haben selber die Rosen gepflückt, ich weiss, woher sie kommen, wie die Ernte läuft, dass nicht gespritzt wird. Die einzige Unterscheidung: Wir haben zwei Linien. Die eine nennt sich «Aromatherapie», da sind nur rein natürliche Duftstoffe drin, und die andere Linie nennt sich «Pure Emotion», hier kommen auch synthetische Duftstoffe hinein. Wenn man nur natürliche Stoffe verwendet, ist man bei der Duftkreation leider in der Kreativität
eingeschränkt. Nachhaltig ist, dass man bei uns immer alles auffüllen kann. Die Kunden zahlen dann nur den Refill. Zusätzlich versuchen wir, auf Verpackung weitgehend zu verzichten. Wenn, dann nur aus Materialien, die man wiederverwerten kann, und ohne Plastik.

Können Sie uns bitte Ihren Werdegang skizzieren?
Eigentlich habe ich beruflich einen komplett anderen Hintergrund, ich habe 20 Jahre eine eigene Treuhandfirma geführt. Aus persönlichen Gründen bin ich dann auf die Naturheilkunde gekommen, habe erst verschiedene Hobbykurse besucht und habe mich dann entschlossen, die zweijährige Ausbildung zur Aromatherapeutin zu absolvieren. Im
Zuge meiner Diplomarbeit kam ich nach Grasse. Dort habe ich meinen eigenen Duft kreiert und das war der Grundstein für Glencairn. Da ich bei der Kreation von meinem eigenen Duft dabei war, wollte ich, dass man dieses Erlebnis auch bei uns in der Schweiz erfahren kann. Dann habe ich mich in Grasse am «GIP» (Grasse Institute of Perfumery) ausbilden lassen.

Geschäftsatmosphäre und Duft bringt man auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammen – wie bekommen Sie diese Gratwanderung hin?
Auf den ersten Blick vielleicht nicht – aber auf das erste Einatmen. Weil Sie da nämlich Atmosphäre aufnehmen. Wenn man sich wohlfühlen soll, kann auch mit Düften Atmosphäre geschaffen werden. Zum Beispiel bei grösseren Hotelketten, da wird ein  Wiedererkennungsduft für die Gäste geschaffen. Düfte gehen ja direkt in das limbische
System im Hirn und dort ist alles gespeichert, was mit Erinnerung und Emotionen zu tun hat. Im Reisebüro riecht es nach Ferien, einfach auch, um diese Atmosphäre zu schaffen. Das ist eben der Zusammenhang zwischen Duft und Business.

Wie wird das technisch umgesetzt?
Der Duft nimmt seinen Weg durch die Klimaanlage. Diese Lösung ist nicht jedermanns Sache. Man fürchtet, darauf keinen Einfluss zu haben. Das ist ein Punkt, über den man diskutieren muss. Wenn wir solche Aufträge bekommen, dann arbeiten wir subtiler. Es ist wichtig, eine Balance zu finden. Der Duft ist spürbar, aber er darf nicht auffallen.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel für Duft-Branding im Geschäftsalltag verraten?
Für uns ist es das Wichtigste, dass wir den Kunden spüren und dass wir erfahren, was er wirklich möchte. Welchen Stil hat diese Firma, was möchten sie nach aussen tragen? Wenn alles geklärt ist, wird ein Prototyp gemacht und je nachdem noch verfeinert, abgeändert oder revidiert. Und wenn es ein reines Produktbranding ist, braucht es natürlich schon sehr viele Gespräche und Recherchen. Wenn dann die Formeln stimmen, geht es ins Labor zur Prüfung. So finden wir mit dem Kunden eine individuell passende Lösung.

Heutzutage ist die Online-Konkurrenz sehr stark: Wie bestehen Sie in diesem umkämpften Markt?
Die Nische, die wir bedienen, ist eigentlich online nicht machbar, wenn man es seriös betreiben will. Ein analoges Geruchserlebnis ist zwingend notwendig. Wenn Kunden zu uns kommen und ihren eigenen Duft kreieren wollen, dann können wir sie mit unserem Know-how unterstützen und trotzdem hat jeder seinen eigenen Duft selbst entwickelt. Eben das
geht online kaum. Bei uns kann man das eigene Parfüm auch immer nachmischen lassen, da die Formel genau notiert wird. Diese Nachmischungen können natürlich online bestellt werden.

Welche Entwicklungen sehen Sie in der Zukunft?
Es gibt in der Parfümerie immer wieder neue und interessante Duftstoffe, wobei die eher synthetischer Natur sind. Die Synthetik gibt einfach mehr Möglichkeiten und Kombinationen. Für uns als Firma ist wichtig, dass der Kunde sich in Zukunft noch mehr einbringen kann. In unserem geplanten OpenLab können unsere Kunden noch mehr ausprobieren und Erfahrungen machen. Im Zentrum steht dabei das Thema Erlebnis.

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