Neue Standards

VON HERZOG & DE MEURON

Energie zukünftigen Generationen zurückgeben

Auf dem BaseLink-Areal in Allschwil bei Basel entwickeln das Planungsbüro SENN, Herzog & de Meuron und ZPF Ingenieure gemeinsam ein Bürogebäude, welches nicht nur mehr Effizienz, sondern auch mehr Suffizienz zum Ziel hat. Daher geht es nicht nur um einzelne Lösungen wie Solarpaneele, sondern um kreislaufwirtschaftliche Ansätze, die sich auf das gesamte Gebäude beziehen. Das Bauwerk setzt einen neuen Standard für Nachhaltigkeit: Es zahlt die graue Bauenergie zurück und ist bereits nach rund 30 Jahren energiepositiv. Dazu wird es aus einem ungewöhnlichen Mix aus Naturmaterialien konstruiert. Das fordert alle Verantwortungsträger.

Auf dem ehemaligen Gewerbegebiet westlich des Hegenheimermattwegs in Allschwil ist das BaseLink entstanden, ein globaler Standort für innovative Unternehmen aus dem Life-Science-Bereich. Das nachhaltig konzipierte Bürogebäude HORTUS liegt auf dem Areal ehemaliger Schrebergärten und schliesst an den bestehenden Technologiepark an. Umgeben von Sportanlagen, einem Naherholungsgebiet und einem Wohnviertel schafft der Bau eine moderne, kommunikative und flexible Arbeitswelt für eine neue Generation von Technologiefirmen mit ökologischem Bewusstsein, die sich hier zukünftig ansiedeln sollen.

Das Gebäude erschliesst sich über einen breiten Durchgang in das Atrium, das grüne Herz des Entwurfs. Über einen Laubengang hin öffnen sich hierzu im Erdgeschoss öffentlich nutzbare Räume und man erreicht so die ringförmig angelegten, circa 10’000 Quadratmeter grossen Büronutzflächen in den Obergeschossen. Regenwasser wird für das Biotop im Atrium verwendet und es entsteht eine grüne Oase mit Mikroklima, die Lebensraum für Pflanzen und Tiere schafft. Dank seiner hohen Aufenthaltsqualität dient das Atrium zusätzlich als Erholungsort für die Mitarbeitenden und ein Wintergarten lädt im hinteren Bereich zum Arbeiten ein. Das Erdgeschoss ist ein belebter Ort, der zugänglich für alle ist. Die vertikal berankten Innenhoffassaden filtern CO2 und andere Schadstoffe und sorgen so für ein angenehmes Raumklima und Wohlbefinden.

Hortus ist ein Leuchtturmprojekt, welches neue Standards im ökologischen Bauen setzen will.

 Flexible Nutzung

Der Entwurf greift das Thema des innovativen und produktiven Gedankenaustauschs auf und bezieht seine offenen Grundrisse aus Ideen zu modernen Büroarbeitsplätzen, die ein grosses Mass an Flexibilität und unterschiedliche Nutzungsweisen ermöglichen. Zugleich werden einige Bereiche von den Nutzern geteilt. Jedes Stockwerk verfügt über gemeinschaftlich nutzbare Aufenthaltsräume für die Mitarbeitenden. Das Erdgeschoss wird mit einem gastronomischen Angebot öffentlich genutzt und nach Süden öffnet sich das Gebäude mit einer Terrasse zu einem vorgelagerten Park.

Materialkreisläufe

HORTUS steht für House of Research, Technology, Utopia and Sustainability und setzt den Fokus auf innovative und ambitionierte Nachhaltigkeitskonzepte. So unterlag der Entwurfsprozess einer ausgeprägten analytisch-akademischen Materialanalyse, bei der Baumaterialien auf ihre ökologischen und physikalischen Eigenschaften geprüft und verglichen wurden. Ein Hauptkriterium dabei war, dass der Ursprung möglichst natürlich und aus nachwachsenden Rohstoffen sein sollte. Ganz im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips sollen alle verwendeten Bauteile katalogisiert und im ökologischen Kreislaufsystem für eine Wiederverwertung zur Verfügung stehen.

Eine reduzierte Palette aus erneuerbaren Materialien wie Holz, Lehm und Zellulose sowie Glas für Fenster und Solarpaneele unterstreichen den ökologischen Grundgedanken des mehrgeschossigen Holzrahmenbaus. Das Raster ist modular und Holzverbindungen werden gesteckt, um auf Metallverbindungen zu verzichten und am Ende der Nutzungszeit wieder leicht demontierbar und wiederverwertbar zu sein. Die Räume sind natürlich belüftet und Stampflehm an Decken und Brüstungen sorgt für ein behagliches und gesundes Raumklima. Lehm reguliert die Luftfeuchtigkeit, zudem speichert er überschüssige Wärme, die im Sommer über öffenbare Fenster in der Nacht wieder nach draussen abgegeben werden.

 Saubere Energie

Der Entwurf zielt auf eine drastische Minimierung des CO2-Fussabdrucks ab und setzt auf ein ganzheitliches Nachhaltigkeitskonzept. Dabei sollen Empfehlungen für ökologisches Bauen wie der SIA 2040 noch weit übertroffen werden. Die kompakte Gebäudeform reduziert Energieverluste und auf ein Kellergeschoss aus Beton wird verzichtet, wodurch der Aushub minimal bleibt und der Bau geradezu über der Landschaft schwebt. Die Luft unter dem Gebäude ist im Sommer kühl und im Winter warm. Dieser energetische Vorteil wird gemeinsam mit Geothermie, die das Haus mit Energie zum Heizen und Kühlen versorgt, zur Temperaturregulierung im Gebäude genutzt. Eine Photovoltaik-Fläche von circa 5000 Quadratmetern auf dem Dach und entlang der externen Brüstungen sorgt für eine unabhängige Versorgung mit erneuerbarer und ressourcenschonender Solarenergie und schafft gleichzeitig so viel Überschuss, dass die graue Energie, die für den Bau des Gebäudes benötigt wurde, innerhalb von 30 Jahren wieder auf null abgebaut wird. Nach einer Generation ist HORTUS somit ein energiepositives Gebäude.

Nachhaltigkeit in der Firmenphilosophie

Herzog & de Meuron versteht Nachhaltigkeit als wichtiges Qualitätsmerkmal und fundamentalen Wert des Unternehmens. Nachhaltig soll nicht nur gebaut, sondern auch gelebt werden, mit dem Fokus auf einen ganzheitlichen Ansatz – weg von allumfassenden Statements hin zum Handeln. Bei der Entwicklung und Realisierung von Projekten ist das Ziel, eine Balance der ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Bedingungen zu schaffen, die den Projekten Relevanz verleiht.

Der Gebäudesektor ist laut Studien der Internationalen Energieagentur (IEA) und des World Economic Forum (WEF) verantwortlich für den Verbrauch von circa 40 Prozent aller Rohstoffe und Energie und gleichzeitig einer der Hauptverursacher des weltweiten CO2-Ausstosses. Die Architekten von Herzog & de Meuron sehen es als ihre Aufgabe an, auf diese Schnittstelle Einfluss zu nehmen. Die Frage, wie man ein klimaneutrales Gebäude plant, ist eine architektonische Herausforderung, die nicht nur den Einsatz ökologischer Bauprinzipien erfordert, sondern als tiefgehender fortwährender Prozess betrachtet werden soll, bei dem es darum geht, für jede individuelle Situation den bestmöglichen Ansatz zu finden. Dies erfordert ein hohes Mass an Innovation und lösungsorientiertem Design, massgeschneidert für den jeweiligen städtebaulichen, geographischen und kulturellen Kontext.

Am Beispiel von HORTUS soll gezeigt werden, dass Zukunftsarchitektur zugleich ästhetisch, gesund und nützlich für Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft sein soll und als lokale Energie- und Rohstoffquelle agieren kann.

www.herzogdemeuron.com

Die Holz-Lehm-Konstruktion ist auch im zukünftigen Restaurant erkennbar