Gemeinsam für einen starken Wirtschaftsraum Basel

INTERVIEW MIT RETO BAUMGARTNER VON GABRIELA RÖTHLISBERGER

Der Gewerbeverband Basel-Stadt sieht sich in allen relevanten Bereichen als Dienstleistungszentrum für seine Mitglieder. Im Vordergrund steht das klar definierte Ziel, die Rahmenbedingungen für die Basler KMU auf allen Ebenen zu verbessern und einen Beitrag für die gesamte Bevölkerung sowie das Gedeihen der Stadt zu leisten. Als wichtiger Dreh- und Angelpunkt gilt dabei der Dialog mit den verschiedenen betroffenen Partnern.

Getragen von den drei Säulen Solidarität, Qualität und Tradition erkennt der im Jahr 1834 gegründete Verband stets die Zeichen der Zeit und entwickelt sich dementsprechend konstant weiter. Bei der Bewältigung von wichtigen Themen wie etwa der Klimapolitik wird darauf geachtet, die Umsetzung so gewerbefreundlich wie möglich zu gestalten. Miteinander werden tragbare sowie zielführende Lösungen erarbeitet, wobei deutlich auf Anreize und Innovation statt Verbote und Einschränkungen gesetzt wird.

Geschäftsführer*in Basel: Herr Baumgartner, Sie sind seit 2001 beruflich für den Gewerbeverband Basel-Stadt tätig und wurden Anfang dieses Jahres nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren der Findungskommission in das Amt des Direktors gehoben. Das Branchen- und Firmen-Know-how war also bereits vorhanden und die Unternehmenskultur ebenfalls bekannt. Sehen Sie noch weitere Vorteile, wenn eine vakante Stelle intern besetzt wird?
Reto Baumgartner: Ja, es gibt mehrere Vorteile. Unter anderem ist ein interner Kandidat bereits bekannt und vertraut, was das Risiko einer Fehlanstellung verringern kann. Es gibt auch weniger Unsicherheit darüber, wie sich der Kandidat in das Unternehmen einfügen wird. In meinem Fall ist es ja auch so, dass ich seit Jahren in Basel bekannt und auch verwurzelt bin. Ich bin froh, dass ich insgesamt bisher sehr viel Goodwill erfahren habe. Unterm Strich kann ich generell sagen: Eine interne Beförderung kann dazu beitragen, dass das Unternehmen seine Ziele schneller und effektiver erreicht. Ich hoffe, dass dies in meinem Fall zutrifft (schmunzelt).

Der Bereich Berufs- und Weiterbildung wird von Ihnen seit geraumer Zeit geleitet. Bleiben Sie dem Sektor Berufsbildung in Ihrer neuen Funktion als Direktor treu?
Der Bereich Berufs- und Weiterbildung war und bleibt ein entscheidender Teil des Gewerbeverbands Basel-Stadt. Darum kann ich Ihnen versichern, dass ich auch persönlich dem Thema auf jeden Fall treu bleibe, wenngleich ich die Führung der Abteilung in neue Hände gegeben habe. Mit Fabienne Hürlimann ist es uns gelungen, auch hier eine ausgezeichnete interne Lösung zu finden – mit allen Vorteilen, die ich bereits in der ersten Antwort erörtert habe.

Was fasziniert Sie in besonderem Masse am Thema Berufsbildung?
Mich faszinieren die grossartigen Möglichkeiten, welche eine Berufslehre bietet. Es gibt zahlreiche Optionen für die Absolventinnen und Absolventen einer Berufsausbildung. Dazu gehören die Berufsmatura, Weiterbildungsmöglichkeiten, Fachhochschulstudien oder einfach der Einstieg ins Berufsleben. Die Kombination aus praktischen Erfahrungen und theoretischem Wissen, die während einer Berufsausbildung vermittelt wird, ist auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Dank der Berufsausbildung weist die Schweiz im Vergleich zu vielen anderen Ländern eine bemerkenswert niedrige Jugendarbeitslosigkeit auf. Es ist daher nicht übertrieben zu sagen, dass die Berufsbildung das Erfolgsrezept der Schweiz darstellt.

Momentan stellt die «Generation Z», also alle ab Mitte der 1990er-Jahre Geborenen, einen grossen Teil der Arbeitskräfte. Welche Ansprüche haben die jungen Leute an einen Job, wie soll für sie ein Arbeitsplatz gestaltet sein?
Die «Generation Z» sucht eine sinnvolle, flexible, ausgewogene, lernorientierte, technologieaffine und inklusive Arbeitsumgebung. Unternehmen, die diese Ansprüche erfüllen, können sich als attraktive Arbeitgebende für junge Talente positionieren. Besonders wichtig scheinen mir die Sinnhaftigkeit der Arbeit und die Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort sowie Aufgaben zu sein. Hinzu kommen Themen wie Work-Life-Balance, die Möglichkeit, sich im Job persönlich weiterzuentwickeln sowie der Einsatz zeitgemässer Technologien am Arbeitsplatz. Und nicht zu vergessen: Die «Generation Z» legt Wert auf Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz. Arbeitgebende sollten dafür sorgen, dass ihre Organisation offen ist und Chancengleichheit für alle bietet.

Das Schlagwort «Fachkräftemangel» ist derzeit in den Medien sehr präsent. Wie kann das Image eines Lehrberufs aufpoliert werden, um somit dem Problem entgegenzuwirken?
Um das Image der Berufsausbildung im Rahmen des dualen Bildungssystems aufzupolieren und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Ansätze: Wichtig ist sicherlich, dass es gelingt, das Image der dualen Bildung gegenüber dem akademischen Bildungsweg weiter zu verbessern. Fakt ist nämlich: Wer eine Berufslehre absolviert, hat gegenüber Kolleginnen und Kollegen mit einer akademischen Ausbildung langfristig keine finanziellen Nachteile. Das gilt erst recht, wenn man sich weiterbildet. Zudem findet man mit einer soliden Berufsausbildung rasch den Weg in die Berufswelt, man verfügt über die Möglichkeiten, beruflich umzusteigen. Und schliesslich steht einem auch der Weg in die Selbstständigkeit offen.

Der Gewerbeverband Basel-Stadt scheint für komplexe Bereiche zuständig zu sein. Können Sie mir die Vielseitigkeit der Aufgaben des Basler KMU-Verbands verdeutlichen?
Der Gewerbeverband Basel-Stadt ist die traditionsreichste und grösste Arbeitgeberorganisation im Kanton Basel-Stadt. Seit 1834 vertritt er die Interessen der KMU in der Region Basel. Getreu dem Motto «Unsere Unternehmen – gemeinsam besser» engagiert sich der Gewerbeverband Basel-Stadt für das Wohl der KMU-Wirtschaft und der gesamten Region. Drei Bereiche stehen im Fokus: Erstens sind wir die Schaltstelle zwischen Wirtschaft und Politik. Wir setzen uns vor und hinter den Kulissen unermüdlich für möglichst wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen für die KMU-Wirtschaft ein. Zweitens sind wir das zentrale Kompetenz- und Dienstleistungszentrum der regionalen Unternehmen. Wir unterstützen unsere Mitglieder mit massgeschneiderten Dienstleistungen. Und drittens – wir haben es bereits angesprochen – ist der Gewerbeverband Basel-Stadt die erste Adresse für Fragen rund um die Berufsbildung.

Gibt es in diesem Jahr einen Schwerpunkt, der vorrangig gestemmt werden sollte?
Nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den kommenden Jahren gilt es gemeinsam daran zu arbeiten, den Gegenvorschlag zur Klimagerechtigkeitsinitiative umzusetzen. Das Basler Gewerbe ist meines Erachtens ein wichtiger Schlüssel, wenn es darum geht, bis zum Jahr 2037 als Stadtkanton klimaneutral zu werden, so wie dies die Basler Stimmbevölkerung beschlossen hat. Aus diesem Grund befindet sich der Gewerbeverband Basel-Stadt derzeit im intensiven Dialog, sowohl mit der Regierung und der Verwaltung als auch mit allen politischen Parteien und natürlich mit den anderen Verbänden.

Stichwort Digitalisierung: Wo besteht Ihrer Meinung nach der dringendste Handlungsbedarf?
Ich denke, dass der dringendste Handlungsbedarf bei KMU in der Verbesserung der digitalen Kompetenzen liegt. Manche KMU haben Schwierigkeiten, sich den neuen Anforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung anzupassen, und sind oft unsicher im Umgang mit digitalen Werkzeugen und Technologien. Doch dem können die Unternehmen begegnen. Die Stichworte sind Bildung und Schulungen sowie die Nutzung von Cloud-Computing-Lösungen, welche KMU dabei helfen, ihre Geschäftsprozesse zu verbessern und flexibler zu gestalten. Und schliesslich – ein Bereich, der keinesfalls vernachlässigt werden darf – ist auch die Sicherheit von Daten und IT-Systemen ein zentraler Aspekt der Digitalisierung. KMU sollten daher geeignete Massnahmen ergreifen, um ihre IT-Systeme vor Angriffen und Datenverlust zu schützen.

Die konstante Weiterentwicklung einer Unternehmung wird aktuell in zahlreichen Fällen als der Schlüssel zum Erfolg gehandelt. Welche Bedeutung hat es für den Gewerbeverband, am Puls der Zeit zu sein?
Für den Gewerbeverband ist es von grosser Bedeutung, am Puls der Zeit zu sein, um die Interessen seiner Mitglieder bestmöglich vertreten zu können. Eine konstante Weiterentwicklung und Anpassung an die aktuellen Entwicklungen und Trends sind hierbei unerlässlich. Durch die ständige Veränderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen auch Unternehmen und der Gewerbeverband Basel-Stadt, der ja selbst ein KMU ist, flexibel bleiben und sich kontinuierlich anpassen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass neue Technologien und Geschäftsmodelle eingeführt werden müssen oder dass sich die Anforderungen der Kunden ändern. Der Gewerbeverband kann seinen Mitgliedern hierbei helfen, indem er beispielsweise Schulungen, Seminare und Beratungen zu aktuellen Themen anbietet. Zudem kann er als Sprachrohr seiner Mitglieder dienen und auf politischer Ebene Einfluss nehmen, um die Interessen der Unternehmen zu vertreten.

Zusätzlich zu Ihrer Position als Direktor des Gewerbeverbands Basel-Stadt haben Sie sich noch dem Amt des FCB-Vereinspräsidenten verschrieben – die Rolle eines Leaders scheint Ihnen zu liegen. Wie generieren Sie im Alltag Ihre Energie für diese anspruchsvollen Aufgaben?
Ich arbeite gerne. Und ich arbeite gerne viel. Das ist sicher ein Vorteil. Darum steht für mich meine Aufgabe im Gewerbeverband im Zentrum. Es ist eine Aufgabe, die mir nicht nur sehr viel Freude bereitet, sondern die mir irgendwie auch Energie gibt. Das Wichtigste ist für mich aber, dass auch meine Familie nicht zu kurz kommen darf. Darauf achte ich besonders.

Gibt es Innovationen, die Sie sich für den Gewerbeverband in naher Zukunft wünschen? In welche Richtung soll die Entwicklung des Gewerbeverbands Basel-Stadt mittelfristig fortschreiten?
Der Gewerbeverband Basel-Stadt hat sich ökologisch und digital auf den Weg gemacht. Wir wollen Erfahrungen sammeln, die wir dann auch mit unseren Mitgliedern teilen können. Ziel ist es, dass wir flexibel bleiben, aktuelle Themen aufnehmen, welche die KMU beschäftigen, und unseren Beitrag zu zielführenden Lösungen leisten. Darüber hinaus wollen wir gezielte Angebote für junge Unternehmerinnen und Unternehmer schaffen. Mit unseren Programmen «New Leader» am Campus des Gewerbeverbands oder auch mit dem Programm «Energy Scouts» gehen wir genau in diese Richtung.

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