Philatelie oder Numismatik? Meistens beides!

von Christoph Glanzmann

Folgender Satz ist mir von Kundenseite wohl bekannt: «Ich habe die Corona-Zeit genutzt, meine Münz- oder Briefmarkensammlung neu geordnet und möchte diese nun gezielt ausbauen.» Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, aber auch die weltweite Inflation haben bei den Briefmarken und Münzen als Sachwerte und Teile unserer Kulturgeschichte, die man in der Hand halten kann und die bereits viele Höhen und Tiefen unserer Geschichte überstanden haben, eine zusätzliche Nachfrage ausgelöst.

Münzen und Briefmarken sind unterschiedliche Sammelgebiete. Viele leidenschaftliche Briefmarkensammler pflegen aber als Zweitsammelgebiet die Numismatik oder umgekehrt. Auch wenn immer mehr Frauen die Philatelie und Numismatik für sich entdecken, sind die meisten Sammler noch immer Männer.

Es gibt in diesen beiden Sammelwelten einige wichtige Parallelen. Die wichtigste Parallele ist die Qualität. Denn egal ob Münze oder Briefmarke, am begehrtesten und am seltensten sind die Top-Qualitäten. Zudem braucht der Aufbau einer exklusiven Sammlung Zeit. Die Spitzenstücke aus Philatelie und Numismatik sind rar und kommen nur selten auf den Markt. Auch viele Profi-Händler sehen die Top-Ausgaben während ihrer gesamten Karriere nur wenige Male. Was die beiden Sammelgebiete ebenfalls gemein haben, sind die aktuellen, sehr spannenden Entwicklungen bei den Neuerscheinungen. Die Post hat in ihrer jüngsten Geschichte die ersten sogenannten Krypto-Briefmarken lanciert. Sie hat damit eine Brücke geschlagen zwischen dem klassischen und dem digitalen Sammeln. Während die Post diese Ausgaben für einen Nominalwert von 8.90 Franken verkauft hat, boten Sammler kurz darauf schon über 37’000 Franken für die seltenste und bei der Post natürlich schon lange ausverkauften Ausgabe der sogenannten «Crypto Stamps». Auch bei den Münzen sorgen die Neuerscheinungen von Swissmint für grosses Aufsehen. In den letzten beiden Jahren wurde die kleinste Gedenkmünze der Welt (Guinness World Records), die Einsteingoldmünze mit einem Nominalwert von 0.25 Franken sowie die erste Platinmünze der Eidgenossenschaft von Swissmint geprägt. Der Marktwert der beiden Münzen vervielfachte sich kurze Zeit nach dem Ausgabedatum. Nicht zu vergessen: Egal ob der Basler-Taube-Brief vom 1. Januar 1845 an Herrn Hoffmann in Basel oder eine Golddublone der Helvetischen Republik von 1800 – Briefmarken und Münzen sind Kulturgüter und dokumentieren die Geschichte der Schweiz mit all ihren Höhen und Tiefen.

Gänzlich verschwunden sind die Briefmarken von den Pausenhöfen unserer Schulen. Vor 50 Jahren hat fast jedes Kind auf den Schulhöfen Briefmarken mit den Mitschülern getauscht. Heute sind das eher kurzlebige Sammelgebiete wie Pokémon-Karten. Diese sind in der Regel ein paar Monate «in» und werden kurze Zeit später durch den nächsten kurzlebigen Trend abgelöst.

Schon vor fast 100 Jahren beschrieb Ernst Müller, der Gründer der Firma Marken-Müller AG, das Phänomen der Überalterung der Sammler und die Sorge, dass die Briefmarkensammler aussterben. Ein Jahrhundert später erfreuen sich noch immer Tausende Sammlerinnen und Sammler an den historischen Zeitzeugen unserer Geschichte.