Von null auf hundert

Interview mit Michel Grasso und Martin Rodriguez

Michel Grasso und Martin Rodriguez mit Leidenschaft und Emotionen zum Erfolg

Die General Logistics Services AG (GLS) feierte diesen April ihr 19-jähriges Bestehen. Michel Grasso und Martin Rodriguez gehören zu den Glücklichen, die ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnten. Die am Dreispitz in Basel ansässige international operierende Transport- und Logistikfirma ist seit Jahren in der Schweiz Markführer für weltweite Fahrzeugtransporte, sei es per Schiff, per Flugzeug oder per Lkw. Früher waren es hauptsächlich Importe aus den USA und Kanada, heute betrifft es die ganze Welt. Seit über zehn Jahren ist man für den aktuell weltweit grössten Hersteller von Elektrofahrzeugen in der Schweiz tätig.

Im Verlauf der Jahre hat die General Logistics Services AG ihre Dienstleistungen Schritt für Schritt ausgebaut. Nebst der Automobiltransporte hat sich der Bereich der Umzüge auf die Lagerung beziehungsweise die Montage von Büromöbeln erweitert. Der Bereich der physischen Lagerung von Akten deckt heute auch die Beratung bei Inhouse-Lösungen wie auch weitere Dienstleistungen im Zusammenhang der Aktenlogistik ab. Einzig bei der Weinhandlung blieben sich die beiden Initianten treu und bieten nach wie vor nur Spitzenweine aus Italien und Spanien an.

Wer bei GLS am Dreispitz die Büroräumlichkeiten betritt, dessen Blick fällt sofort auf unzählige Modellautos – unter anderem einen exklusiven und raren Fiat-Autotransporter aus den 50er-Jahren, welcher damals die Ferrari-Rennfahrzeuge transportierte. Die grossen Bildschirme und die modern und ergonomisch ausgestatteten Arbeitsplätze überraschen. Im Sitzungszimmer hängt ein grosses Weinregal mit Weinen aus Spanien und Italien und auch das Sideboard ist mit edlen Tropfen bestückt. Als dann noch der Kaffee aus der Siebträgermaschine serviert wird, fühlt man sich sofort wie in einem mediterranen Ambiente.

Geschäftsführer*in Basel: Ich habe mir den Besuch bei einer Transport- und Logistikfirma etwas anders vorgestellt.

Michel Grasso: Nun, Ihre Aussage überrascht mich nicht. Viele, die unser Büro besuchen, haben die gleiche Reaktion. Wir verbringen mehr als ein Drittel unseres Lebens im Büro, da ist es wichtig, den Arbeitsplatz so bequem, angenehm und vor allem effizient wie möglich zu gestalten. Das Wohlbefinden und das Ambiente am Arbeitsplatz sind wichtige Faktoren für eine hohe Arbeitsqualität.

Inzwischen setzt sich auch Martin Rodriguez zu uns.

Erzählen Sie mal, wie hat das Ganze angefangen?

Michel Grasso: Nach meinem Handelsschulabschluss begann ich 1986 mit einer verkürzten zweijährigen Lehre bei der Universal Express AG in Muttenz. Nach meiner Lehrzeit arbeitete ich für zehn Woche bei unserem Geschäftspartner in Felixstowe nahe Ipswich in England, ehe ich dann 1988 in unsere Filiale in Zürich wechselte. Das Hauptgeschäft, Autoimporte aus den USA und Kanada, wurde dann in den folgenden Jahren stark ausgebaut. Auch das zweite Standbein, die Privat- und Geschäftsumzüge, wurde immer grösser. Durch interne Veränderungen in der Firma wurde die Filiale Ende 2000 geschlossen und ich wechselte nach Muttenz in den Hauptsitz, wo ich die Überseeleitung übernahm. Im selben Jahr lernte ich Martin Rodriguez kennen, das war, als er seine Lehre als Speditionskaufmann bei der Universal Express AG in Münchenstein begann.

Martin Rodriguez: Seit dem ersten Tag, als ich Michel kennenlernte, war uns beiden klar, dass wir die gleichen Ideen und Philosophien verfolgen. Eigentlich würde ich fast sagen, wir ergänzen uns perfekt. Mittlerweile arbeiten wir seit über 20 Jahren zusammen und ich bin überzeugt, dass diese Ergänzung und vor allem die Zielstrebigkeit uns zum Erfolg gebracht hat.

 Wie kam es zur Firmengründung der GLS?

 Michel Grasso: Nach 18 Jahren bei Universal Express wollte ich 2004 eine neue Herausforderung annehmen und gründete die GLS. Ich wollte mich wieder mehr auf die Nischenbereiche Automobilimport und Umzüge konzentrieren, dazu kamen noch die keineswegs für Spediteure üblichen Bereiche physische Lagerung von Akten und Weinhandlung dazu.

Wir sassen damals beide auf meiner Dachterrasse im Gundeli und ich eröffnete Martin die Möglichkeit, nach seiner Lehrzeit direkt mitbestimmend in ein neues Unternehmen einzutreten. Es war vom ersten Tag unsere Philosophie, Dienstleistungen im Nischenbereich, vor allem aber Emotionen zu vermitteln.

 Wie darf ich das verstehen?

 Fahrzeuge und Weine sind, wie auch ein Privatumzug, mit starken Emotionen verbunden, daneben sind Geschäftsumzüge oder auch physische Lagerungen von Akten die Emotionen der Firmen. Wir haben Kunden, welche in allen vier Bereichen zu Hause sind, das bindet. Dies heisst nicht, dass man den Kunden sicher hat, jedoch besteht eine deutlich intensivere Bindung als bei einem Stückguttransport von A nach B.

 Ist die GLS jetzt ein Logistik-, Umzugs- oder Speditionsunternehmen?

 Martin Rodriguez: Wir sehen uns heute mehr als eine moderne, international operierende Consultingfirma in verschiedenen Bereichen wie Logistik, internationale Automobiltransporte, Verzollung und Umzüge. Unser Fachwissen und unser Netzwerk in den genannten Bereichen sind heute so gross, dass mittlerweile internationale Grosskonzerne auf unsere Beratung setzen.

 Was hat die GLS, was andere Logistikfirmen nicht haben?

 Michel Grasso: Zuerst einmal langjähriges Fachwissen im Bereich des Automobiltransports – 30 beziehungsweise 20 Jahre –, kurze Entscheidungswege vor allem im Bereich der Weiterentwicklung des Unternehmens und nichtsdestotrotz die persönliche Beratung und den Kontakt zu den einzelnen Kunden, sowohl Firmen als auch Privatpersonen.

 Martin Rodriguez: Langjährige, zufriedene und motivierte Mitarbeiter sind das Herzstück einer erfolgreichen Firma. Es ist wie ein Ansporn – geht nicht, gibt es nicht. Wir finden immer eine Lösung für unsere Kunden.

 Konnten Sie sich damals vorstellen, dass die GLS so sein wird, wie sie sich heute präsentiert?

 Martin Rodriguez: Wenn ich dran denke, wie Michel und ich in den Anfangszeiten die Auto-Container UAG Basel mit minimalem Werkzeug selbst entladen haben, sei es bei Regen oder bei Minusgraden – es fehlte nie an Herzblut und Enthusiasmus. Natürlich wünscht man sich in einem solchen Moment, professioneller aufgestellt zu sein, dennoch wollen wir unsere Erfahrungen nicht missen.   

 Michel Grasso: Hm, es ist noch schwierig, man stellt sich am Anfang immer etwas anderes vor. Ich erinnere mich an die ersten Tage: Ein Telefonanschluss, ein PC und ein Arbeitsplatz für zwei Mitarbeiter, das war alles. Wenn ich mich heute umsehe, würde ich fast sagen: unglaublich, diese Entwicklung! Es gehört natürlich immer ein bisschen Glück dazu, aber unsere Visionen und Ideen haben uns dorthin gebracht, wo wir heute sind.

 Nach über 20 Jahren der täglichen Zusammenarbeit, gab es da je Differenzen zwischen Ihnen beiden?

 (beide lachen)

Martin Rodriguez: Wir sind beide Südländer, Michel als Italiener und ich als Spanier, da wird natürlich oft anders diskutiert, als wir das normalerweise gewohnt sind. Aber eigentlich nein. Wir sind uns in vielem sehr ähnlich und räumen dem anderen auch einen gewissen Freiraum für Ideen ein. Konstruktive Kritik würde ich es nennen. Der Mittelweg ist oft die beste Lösung und diesen Weg kann man nur gehen, wenn man sich als Team komplett ergänzt.

 Michel Grasso: Das sehe ich genauso. Unsere Werte und unsere Ambitionen haben uns von Anfang an zu einem perfekten Team gemacht. Wir nehmen natürlich auch kein Blatt vor den Mund, wenn wir nicht derselben Meinung sind. Grössere Meinungsverschiedenheiten werden immer bei einem Nachtessen und natürlich bei einer guten Flasche Wein ausdiskutiert. Das hat bis heute immer funktioniert.

 Können Sie sich vorstellen, noch weitere 20 Jahre zusammenzuarbeiten?

 Michel Grasso: (kurzes Zögern, Blick nach rechts, schmunzelnd) Ja natürlich! Ich bin zwar schon 56 Jahre alt, dennoch werde ich wohl auch nach 65 weiterarbeiten – nicht nur, weil es mir Spass macht und ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Ich sehe mich wohl eher nicht als Stubenhocker.

 Martin Rodriguez: Ja, wenn ich sehe, wie schnell die letzten 20 Jahre an uns vorbeigingen, dann werden die nächsten 20 noch viel schneller vorbeigehen, als wir uns das vorstellen können.

 Wie kommt es, dass die GLS für ihre Dienstleistungen international so bekannt ist?

 Martin Rodriguez: Langjährige Erfahrung, Kompetenz, hohes Fachwissen und ein sehr gutes und ausgebautes Netzwerk von nationalen und internationalen Geschäftspartnern.

 Haben Sie noch weitere Standorte oder wickeln Sie alle Ihre Dienstleistungen von diesem Standort aus ab?

 Michel Grasso: Die gesamten Dienstleistungen werden von unserem Standort aus zusammen mit verschiedenen Partnern weltweit angeboten und ausgeführt. Auch dort arbeiten wir teilweise seit dem ersten Tag mit denselben Firmen und Personen zusammen.

 Ich bin beeindruckt, frage mich aber, ob es denn auch negative Momente in Ihrer Firmengeschichte gab.

 Michel Grasso: Oh ja, den grössten Einschnitt hatten wir 2012, als durch die Einführung der CO2-Verordnung in der Schweiz der Import von Neufahrzeugen aus den USA und Kanada massiv erschwert und verteuert wurde und wir praktisch auf einen Schlag 70 Prozent unserer Garagenkunden verloren haben. Da macht man sich schon Gedanken und natürlich konnte der Umsatzverlust nicht umgehend mit anderen Geschäftsfeldern ausgeglichen werden. Wir waren schon damals gut und breit abgestützt, sodass wir binnen 18 Monaten wieder in der Spur waren.

 Wie konnten Sie es als Unternehmen trotzdem schaffen, solch einen Umsatzeinbruch zu überstehen?

 Martin Rodriguez: Mit Geduld und der Fähigkeit, sich als Unternehmen neu zu positionieren und anzupassen. 2013, nicht einmal ein Jahr später, begann unsere Zusammenarbeit mit dem weltgrössten Produzenten von Elektroautos, welcher damals noch ganz klein anfing.

 Meine letzte Frage an Michel Grasso: Es scheint, dass Sie ein erfolgsorientierter Mensch sind, sind Sie doch auch sportlich seit Jahrzehnten sehr erfolgreich als Trainer eines Damen-Wasserballteams aktiv (elf Meistertitel, letztmals 2022, vier Cupsiege, viermal Mannschaft des Jahres in Basel, letztmals 2022). Wie hat sich dies auf die GLS ausgewirkt?

 Michel Grasso: Auf jeden Fall nur positiv. Die sportliche Einstellung und den Ehrgeiz, auch hohe Ziele zu erreichen, versuche ich täglich an meine Mitarbeiter weiterzugeben.

 Ich bedanke mich für das spannende Interview und wünsche Ihnen für die Zukunft viel Erfolg und gute Geschäfte.

www.glswiss.ch